Mischkonsum von Cannabis und Alkohol: Führerschein nicht automatisch weg

Führerscheinentzug bei Cannabis und Alkohol

Selbst bei einem gemeinsamen Konsum von Cannabis und Alkohol darf die Führerscheinbehörde die Fahrerlaubnis nicht automatisch entziehen. Die Behörde muss zunächst über das Einholen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens entscheiden. Zu diesem Urteil kommt das Oberverwaltungsgericht Münster. In Bayern sehen die Gerichte das allerdings oftmals noch anders.

Medizinisch-psychologische Untersuchung bei gelegentlichem Cannabis-Konsum

Wer mit THC im Blut Auto fährt, riskiert seinen Führerschein. Zwar werden damit verbundene Strafverfahren – etwa wegen des Besitzes von Cannabis – oftmals eingestellt oder es ergehen nur geringe Strafen. Das dicke Ende kam für viele junge Führerscheininhaber bisher allerdings einige Monate später in Form eines Behördenbescheids mit dem Entzug der Fahrerlaubnis.

Ein solcher darf allerdings nicht automatisch beim erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter Einfluss von Cannabis erfolgen. Dies hat bereits das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil im April 2019 entschieden. Vielmehr muss die zuständige Führerscheinbehörde im Regelfall die Einholung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) veranlassen. Eine Ausnahme hiervon dürfe nur gemacht werden, wenn im Einzelfall weitere Umstände hinzukämen, die auf eine Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen hindeuteten.

OVG Münster: Auch bei kombiniertem Konsum von Cannabis und Alkohol ist zunächst eine MPU anzuordnen

Ein solcher weiterer Umstand ist nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster (Az. 16 B 638/19) allerdings nicht der gleichzeitige Konsum von Alkohol. Im entschiedenen Fall hatte der Führerscheininhaber 1,6 ng/ml THC im Blut, wobei er angab, innerhalb der letzten 24 Stunden 0,3 g Marihuana konsumiert zu haben. Zudem habe er ebenfalls Wein und Jägermeister getrunken. Es lag also der klassische Fall des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol vor.

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Zwar war aufgrund fehlender Ermittlungen der Führerscheinbehörde nicht klar, ob dieser Mischkonsum tatsächlich auch zu einer kombinierten Rauschwirkung geführt hat. Das Oberverwaltungsgericht Münster geht aber selbst in diesem Fall davon aus, dass der automatische Entzug der Fahrerlaubnis rechtswidrig wäre. Vielmehr müsse die Behörde zunächst über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens entscheiden.

Für diese Auffassung spreche bereits der Wille des Gesetzgebers. Zudem heiße es in § 14 Abs. 1 S. 3 FeV, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten angeordnet werden kann, wenn gelegentlicher Cannabis-Konsum im Sinne der Anlage 4 Nr. 9.2.2 der FeV vorliege und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung zur Führung eines Kraftfahrzeugs begründeten. Eine solche Tatsache könne auch der gleichzeitige Konsum von Alkohol und Cannabis sein.

Bayerische Gerichte urteilen bei THC im Blut strenger

Für Führerscheininhaber bedeutet die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster: Wer mit Alkohol und Cannbis im Blut beim Autofahren erwischt wird, riskiert zwar nach wie vor seinen Führerschein. Die Fahrerlaubnis darf allerdings nicht sofort entzogen werden. Vielmehr muss die Behörde zunächst nach pflichtgemäßen Ermessen über eine MPU entscheiden. Unterlässt sie dies, ist der sofortige Entzug der Fahrerlaubnis rechtswidrig. In diesem Fall sollten sich Betroffene von unserem Rechtsanwalt über das weitere Vorgehen beraten lassen.

Allerdings entfaltet der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster keine Bindungswirkung für andere Gerichte. So urteilen die bayerischen Verwaltungsgerichte beim Konsum von Cannabis noch deutlich strenger. Beispielsweise entschied das Verwaltungsgericht Würzburg kürzlich, dass bei einer kombinierten Einnahme von Cannabis und ärztlich verordneten psychoaktiven Medikamenten die Fahrerlaubnis auch ohne medizinisch-psychologisches Gutachten entzogen werden darf. Selbst die nachträgliche Verschreibung von legalen Cannabis-Produkten helfe außerdem bei einem Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht, da jedenfalls nicht auszuschließen sei, dass der Fahrzeugführer auch weiterhin illegales Cannabis konsumiere.

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